Stil? Sicher!

Was wusste der Geier?

Wie stinkt ein Wiedehopf und wie zieht eigentlich Hechtsuppe? Redewendungen, in denen Tiernamen vorkommen, gibt es in der deutschen Sprache in Hülle und Fülle. Doch den wenigsten, die diese geflügelten Worte, zu ihrem Vokabular zählen, ist deren Herkunft bekannt. Zeit für ein wenig Aufklärung.

Seinen Aufstieg in die Welt der Phrasen verdankt der Wiedehopf einer einzigartigen Abwehrreaktion. Werden Nestlinge bedroht, spritzen sie einfach ihren Kot aus der Höhle. Noch wirkungsvoller ist allerdings das Absondern eines übel riechenden Sekretes, das sie mit ihrer Bürzeldrüse (!) entwickeln, sobald Gefahr droht. Echte Stinktiere halt.

Völlig anders liegen die Dinge bei der Redewendung etwas kann „kein Schwein lesen“. Sie hat gar nichts mit Tieren, sondern mit einer Gelehrtenfamilie namens Swyn zu tun, die vor über 300 Jahren lebte. Jeder in ihrem Umfeld, der des Lesens nicht mächtig war, ging zu den Swyns, um sich die Briefe oder andere Schriftstücke vortragen zu lassen. Was sie nicht zu entziffern vermochten, konnte „kein Swyn lesen“. Woraus später Schwein wurde. Eine ziemliche Sauerei wie man uns hier auf die falsche Fährte lockte.

Kein bisschen mit „Meister Lampe“ hat der Ausspruch "Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts" zu tun. Er geht vielmehr auf den Heidelberger Jurastudenten Victor von Hase zurück, der sich 1855 vor Gericht verantworten musste. Er soll damals einem Freund zur Flucht verholfen haben, der zuvor einen Studenten im Duell erschossen hatte. Als sich Victor von Hase vor Gericht zu dem Fall äußern sollte, sagte er den berühmten Satz. Das hat sich damals so herumgesprochen, dass wir diese Aussage noch heute als Redewendung benutzen.

Ähnlich ungewöhnlich sieht es beim „vergrabenen Hund“ aus. Denn vergraben wurde keineswegs ein toter Köter, sondern eine Schatztruhe, deren Deckel zur Abschreckung von Dieben gern ein Bild des Teufels oder eines bissigen Hundes zierte. Wer nach langer Suche endlich fündig geworden war, mochte diesen Satz möglicherweise wie ein Dankesgebet gen Himmel geschickt haben.

Dass wirklich jemand schon mal Pferde hat kotzen sehen, ist ein Gerücht. In ihrem Magen-Darm-Trakt gibt es nämlich einen Muskel, der dafür sorgt, dass sich einmal aufgenommene Nahrung nur in Richtung Darm bewegen kann und nie in die andere. Auch für "Krokodilstränen" existiert eine einfache biologische Begründung. Sie rührt davon her, dass die Wirbeltiere beim Fressen schnell mal feuchte Augen bekommen (wie menschlich). Doch angesichts der Art und Weise, wie sie sich ihre Nahrung beschaffen, wird das von uns leicht als gemein empfunden. Daher die Redewendung. Klarer Fall von Futterneid würde ich sagen.

Als großer Fan von Eintöpfen interessierte mich schon immer, wie eigentlich Hechtsuppe zieht. Hier sind die Sprachforscher bis heute uneinig. Die Redensart könnte darauf zurückzuführen sein, dass Hechtfleisch besonders lange in der heißen Brühe liegen muss, bis es sein Aroma entfaltet. Die meisten Experten verweisen jedoch auf den jiddischen Ausdruck "hech supha", der so viel wie „ein starker Wind" bedeuten soll. Durch ein Missverständnis könnte daraus die "Hechtsuppe" entstanden sein. Und wenn wir schon mal in der Küche sind: „Butter bei die Fische“ ist eine Redensart , die ihren Ursprung ebenfalls dort hat. Kurz bevor man gebratenen Fisch auf den Tisch stellt, gibt man noch ein Stückchen Butter dazu. Bevor sie zerläuft, sollte das Essen beginnen. Also: "Butter bei die Fische".

Wesentlich eindeutiger geklärt ist die Herkunft der sprichwörtlichen Eselsbrücke. Da Esel äußerst ungern durchs Wasser gehen, da sie der spiegelnden Wasseroberfläche nicht trauen, baute man ihnen früher kleine Brücken – also Umwege, die sicher zum Ziel führten. Ob sie nach dem Überqueren wie Honigkuchenpferde grinsten, ist nicht überliefert. Und mal ehrlich – weiß irgendwer überhaupt, wie das nun wieder aussehen soll? Beim Honigkuchenpferd handelt es sich nämlich keineswegs um ein gut gelauntes Ross, sondern um Gebäck in der Form eines Pferdes. In der üblichen Form hat es ein breites, nach hinten gezogenes Maul, welches den Eindruck eines Grinsens vermittelt.

Dass „eine Krähe der anderen kein Auge aushackt“ ist übrigens ein Verweis auf das intakte Sozialverhalten dieser Rabenvögel. Deren Ehen halten ein Leben lang. Doch woher kommt dann der Begriff Rabeneltern? Nun, sobald die Jungen allein leben können, werden sie von Mutter und Vater schleunigst aus dem Nest vertrieben. Wer dagegen „einen vom Pferd erzählt“, tut dies in der Tradition des Griechen Sinon. Der redete den Bewachern von Troja ein, das am Strand geparkte Holzpferd sei eine Opfergabe für die Göttin Athene. In der Nacht stieg dann Odysseus mit seinen Kriegern durch eine geheime Tür aus dem Holzpferd heraus und eroberte die Stadt.

Und was wusste nun der Geier? In früheren Zeiten galt er als Sinnbild des Teufels. Wer „Weiß der Geier sagt“ meint also eigentlich nichts anderes als „Weiß der Teufel“.

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