Textprobe

Der Schatten des Unsichtbaren (Roman-Textauszug)

Archie Tucker hatte Geschmack, daran bestand kein Zweifel. Er saß in diesem ziegelroten Traum mit Acht­zylindermotor, Automatik­schaltung, Weißwand­reifen und der Silhouette eines Torpedos, als wäre er ein Filmstar. Mit seinen italienischen Schuhen, der eleganten Hose aus Segeltuch und dem exotisch bunten Aloha-Shirt, das ein Jahr später als „Hawaiihemd“ der letzte Schrei sein sollte, hätte Tucker ein gutes Motiv für Modefotografen abge­geben. Das Licht war perfekt an diesem Morgen. Besser konnte man es nicht arrangieren. Kein Wunder! Schließ­lich war es sein Perfektionismus, der ihn zum erfolg­reichsten Gesellschafts­reporter Hollywoods gemacht hatte. Längst gehörte er zu der Handvoll Journalisten, die einen Anruf des Managements erhielten, bevor die Stars im Romanoff’s oder im Chasen’s einkehrten. Während die Kollegen nächtelang vor den einschlägigen Adressen herum­lun­gerten, ohne jemals eine gute Story an Land zu ziehen, saß er immer bereits an einem der reservierten Tische und bekam seine Geschichten aus erster Hand.

Nie hatte Tucker irgendetwas dem Zufall überlassen. Bis zuletzt nicht, könnte man meinen. Es gab kaum schönere Plätze für einen großen Auftritt als den Strand von Hun­ting­ton Beach, an dem sein Cadillac Convertible Cabrio mit Blick aufs Meer parkte. Nur der Umstand, dass große Teile seines Gehirns über die mit beigem Leder bezogene Garnitur verspritzt waren und das Blut aus seinem Schädel auf der Rückbank ein hässliches Muster hinter­lassen hatte, trübte den Eindruck. Aber irgendwas war halt immer.

"Der Schatten des Unsichtbaren" erschien im Juli 2016 bei TWENTYSIX.

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